Für wirklich umfassende Einblicke in den Umgang Nürnbergs mit seiner verpflichtenden Vergangenheit empfiehlt es sich, einen ganzen Tag einzuplanen.
1Untrennbar mit Nürnberg verbunden sind die von der nationalsozialistischen Partei abgehaltenen Reichsparteitage, die Nürnberger Gesetze und die Nürnberger Prozesse. Mit diesem Spaziergang wollen wir uns auf die Spuren dieses dunklen Kapitels in der Geschichte der Stadt machen und zeigen wie Nürnberg damit umgeht.
Am Ausgang des Hotel Victoria wenden wir unseren Blick nach Süden zum Nürnberger Hauptbahnhof der uns an die Tatsache erinnert, dass auch von dieser Stadt aus (Bhf Märzfeld) Deportationszüge in unterschiedliche Konzentrationslager fuhren.
2Wir halten uns westlich und gehen einige hundert Meter an der Stadtmauer entlang, passieren das Opernhaus (Nürnberger Staatsoper) in dem Bewusstsein, dass hier während der NS-Zeit die Meistersinger von Nürnberg von Richard Wagner aufgeführt wurden und außerdem auch der NS-Nobelpreisersatz vergeben wurde.
3An der Straßenecke hinter der Oper stoßen wir auf das ehemalige Hotel Deutscher Hof, das dem Diktator Hitler als Unterkunft bei Aufenthalten in Nürnberg diente. Die Diplomaten und Nazi-Größen wurden dort ebenso untergebracht, während sie den Reichsparteitagen beiwohnten
4Erneut folgen wir dem Frauentorgraben Richtung Westen, biegen aber kurz darauf links in die Essenweinstraße ein. Auf der rechten Straßenseite erinnert ein Gedenkstein an die zerstörte Synagoge. Diese wurde im Zuge der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 von den Nationalsozialisten vernichtet.
5Erneut folgen wir dem Frauentorgraben zur nächsten Querstraße. Vor dem heutigen Gebäude der AOK erinnern zwei Gedenktafeln an den Erlass der Nürnberger Gesetze. Durch die Rassengesetze wurde die antisemitische Ideologie der Nationalsozialisten auf juristischer Grundlage institutionalisiert. Nach dieser Station überqueren wir den Frauentorgraben am Färbertor Richtung Innenstadt.
6Direkt an der Kreuzung finden wir rechter Hand erneut einen Gedenkstein, der an die Opfer der Roma und Sinti in der NS-Zeit erinnert.
7Wir betreten nun die Innenstadt über die Färberstraße, die wir nach wenigen Metern wieder verlassen, in dem wir rechts in die Frauentormauer abbiegen. Wir folgen dieser bis zum Germanischen Nationalmuseum. Vor dem Museum finden wir die Installation Die Straße der Menschenrechte des jüdischen Künstlers Dani Karavan, der es mit diesem Werk schafft, die am 10. Dezember 1948 in Paris erlassenen Menschenrechte sichtbar zu machen.
8Von hier laufen wir zur Lorenzkirche, an deren nördlichen Langseite der Künstler Karl Prantl 1991 den Nürnberger Kreuzweg aus 14 Granitplatten entwarf. Schon im Jahr 1971 begann Prantl auf der ehemaligen Aufmarschstraße am Gelände Dutzendteich Steine zu bearbeiten. Die Platten stammen aus dem Konzentrationslager Flossenbürg, wurden aber nicht mehr für die Naziarchitektur verbaut.
9Von diesem Ort des Gedenkens laufen wir die Peter-Vischer-Straße hinab, überqueren die Pegnitz und betrachten am nördlichen Brückenkopf der Heubrücke das Synagogen-Mahnmal für die ehemalige Hauptsynagoge am Hans-Sachs-Platz.
10Ab Hauptmarkt nehmen wir den Bus „Touristenlinie“ 36 und fahren zum Dokumentationszentrum . Machen wir uns während eines Spazierganges um den Dutzendteich auf dem Reichsparteitagsgelände ein Bild des Größenwahns des nationalsozialistischen Regimes.
11Eine Besichtigung des Doku-Zentrums, welches sich im Nordflügel der für 50.000 Menschen konzipierten unvollendet gebliebenen Kongresshalle befindet, ist in jedem Fall empfehlenswert. Die Dauerausstellung „Faszination und Gewalt“ befasst sich mit den Ursachen, Zusammenhängen und Folgen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, immer im Zusammenhang mit der Stadt Nürnberg.
12Für den, der dieses Thema umfassend in Nürnberg erleben möchte, heißt es nun Einsteigen in die Straßenbahnlinie 5. Ab Plärrer Umstieg in die U1 Richtung Hardhöhe oder zu Fuß zur Bärenschanze. Rechter Hand stadtauswärts sehen wir das Justizgebäude mit Memorium und Schwurgerichtssaal 600.
13Hätten die Nürnberger Prozesse im Schwurgerichtssaal 600 nicht stattgefunden, wäre eine Aufarbeitung des Unrechts und die Entwicklung zu einer internationalen Völkerstrafgerichtsbarkeit, wie wir sie heute in Den Haag beobachten können, nicht möglich gewesen.
Vielleicht sind Sie nach so viel erdrückender Realität bereit, noch den Tag mit einem Spaziergang zurück ins Hotel ausklingen zu lassen. Passieren Sie hierbei die Hochstraße im Stadtteil Rosenau und besichtigen Sie mit den Stolpersteinen eine weitere Art der künstlerischen Aufarbeitung des Antisemitismus.
14Queren Sie einen der herrlichen grünen Parks Nürnbergs, den Rosenaupark. Über Treppen am südöstlichen Ende des Parks gelangen Sie auf den Altstadtring am Splittertorgraben. Von hier gehen Sie durch das Fürther Tor zurück in die Innenstadt. Zu Fuß oder mit der U-Bahn geht es zurück ins Hotel Victoria.
Impressionen von Unterwegs
Weitere Informationen
Dauer des Spaziergangs: ca. 5h
ohne Museumsbesuch